Zölle, Zickzack und Zeit für klare Antworten
Politik hält, das muss man zugeben, auch für erfahrene Parlamentarierinnen und Parlamentarier sicherlich die eine oder andere Kapriole bereit. Was der amerikanische Präsident jedoch seit seinem Amtsantritt angeordnet, verkündet, zurückgenommen und dann erneut verschärft hat, ist schwindelerregend.
Nehmen wir einen der Trumpschen Dauerbrenner: Zölle. Und während ich diesen Newsletter-Beitrag verfasse, frage ich mich ehrlich gesagt: Wird das, was ich hier schreibe, am Tag seines Erscheinens überhaupt noch Gültigkeit haben? Oder hat sich bis dahin schon wieder alles geändert? Diese Unsicherheit trifft nicht nur uns in der Politik, sie spüren vor allem unsere Unternehmen, unsere Beschäftigten, unsere Bürgerinnen und Bürger. Sie führt zu Zurückhaltung und am Ende zu einem Verlust an Vertrauen.
Mitten in einer ohnehin fragilen Weltlage setzt die US-Regierung erneut auf handelspolitischen Kollisionskurs. Die angekündigten Strafzölle auf europäische Produkte - teilweise ausgesetzt, aber jederzeit reaktivierbar - gefährden unsere wirtschaftliche Stabilität und schaden Verbraucherinnen und Verbrauchern auf beiden Seiten des Atlantiks. Das ist kein souveränes Wirtschaften, sondern handelspolitische Willkür.
Europa hält dagegen – nicht mit Eskalation, sondern mit Haltung. Die EU bleibt auf Kurs: verantwortungsbewusst, regelgeleitet und offen für Lösungen. Statt vorschnell zu kontern, setzt sie auf Besonnenheit und Verständigung. Sollte eine Antwort erforderlich sein, wird sie verhältnismäßig, rechtssicher und im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation erfolgen. So funktioniert europäische Verantwortungspolitik.
Aber wir dürfen nicht stehen bleiben. Gerade jetzt ist es an der Zeit, entschlossen voranzugehen. Das bedeutet: den Binnenmarkt vollenden, neue Handelsabkommen schließen, Verwaltungsaufwand senken. Denn unsere wirtschaftliche Stärke liegt nicht in Abschottung, sondern in Offenheit: im Zugang zu neuen Märkten, im Schutz durch faire Regeln – und in der Kraft einer geeinten Europäischen Union.
Dafür stehen wir als EVP-Fraktion ganz klar. Auch dann, wenn sich die Schlagzeilen täglich überschlagen.
Hintergrund und Zahlen:
Der EU-US-Warenhandel erreichte 2024 ein Volumen von 865 Milliarden Euro – fast doppelt so viel wie zehn Jahre zuvor. Die Einführung von US-Zöllen (20 % auf EU-Waren) wurde zwar zunächst für 90 Tage ausgesetzt, doch bestehen weiterhin Belastungen auf Stahl, Aluminium und Autos. Eine Eskalation könnte laut WTO den Welthandel 2025 um 1,5 % einbrechen lassen.