Kultur ist keine Verhandlungsmasse – Europa reagiert auf Trumps Zollpläne
Wenn Sie mit Familie oder Freunden demnächst einen Filmabend veranstalten – ob gemütlich auf dem Sofa oder online verbunden – dann betrifft Sie eine Debatte, die in dieser Woche im Europäischen Parlament auf der Tagesordnung stand. Am Donnerstag wurde dort über die künftige Ausrichtung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD) diskutiert. Diese Regelung bestimmt mit, wie Streaming-Plattformen arbeiten, welche Inhalte wir sehen und wie unsere heimische Produktionslandschaft abgesichert wird.
Die AVMD sorgt dafür, dass europäische Werke in ihrer vielgestaltigen thematischen wie sprachlichen Ausprägung sichtbar bleiben – in einer Ära, in der Fernsehen, Streaming und Online-Plattformen längst miteinander verschmolzen sind. Gleichzeitig schützt sie Kinder und Jugendliche besser vor schädlichen Inhalten und Werbung, fordert Investitionen in europäische Produktionen und macht Inhalte zunehmend für Menschen mit Behinderungen zugänglich. Begleitend verlangt der Richtlinienrahmen, dass Anbieter, die vom europäischen Markt profitieren, auch einen Beitrag zur kulturellen Vielfalt leisten – nicht nur als Zuschauer-, sondern als Produktions- und Kreativstandort. Wichtig dabei: Für alle Anbieter, die in der EU operieren – ob europäisch oder international –, gelten dieselben Pflichten. Die AVMSD schafft damit Wettbewerb auf Augenhöhe und ist kein Handelshemmnis, sondern ein transparenter Ordnungsrahmen für alle Marktteilnehmer.
Die aktuelle Debatte im Parlament kommt zu einem Zeitpunkt, an dem diese Prinzipien außenpolitisch auf dem Prüfstand stehen. Denn in den USA hat Präsident Trump angekündigt, auf ausländische Filme – „produced in foreign lands“ – Zölle von 100 % erheben zu wollen, sollten sie importiert werden. Noch ist unklar, wie und wann genau diese Zölle umgesetzt werden. Doch die Botschaft ist klar: audiovisuelle Inhalte werden zunehmend Teil globaler Handels- und Machtfragen.
Für uns in Europa heißt das: Wir dürfen unsere Kulturpolitik nicht als Verhandlungsmasse in internationalen Dialogen sehen. Wenn Plattformen weltweit operieren, aber nur wenige europäische Werke fördern und finanzieren, dann schwächt das unsere kreativen Regionen, unsere Filmschaffenden, Drehbuchautorinnen, Kamerateams und Studios.
In der Plenardebatte sandte das Europäische Parlament ein klares politisches Signal vor möglichen künftigen Handels- und Regulierungsverhandlungen mit den Vereinigten Staaten: Kulturelle Vielfalt und europäische Standards stehen nicht zur Disposition. Für alle, die im EU-Binnenmarkt tätig sind, gelten die gleichen Regeln. Punkt. Und das Parlament bekräftigte damit auch noch einmal seine roten Linien, bevor die Europäische Kommission ihre Überprüfung der AVMS-Richtlinie im kommenden Jahr vorlegt.
Ich stehe dafür, dass Europa offen, wettbewerbsfähig und selbstbewusst bleibt – aber nicht auf Kosten dessen, was uns als Gemeinschaft ausmacht: unsere Sprachen, unsere Themen und unsere Kreativen. Der Filmabend mit Freunden, das gemeinsame Streaming – das sind nicht nur Freizeitmomente, sondern Teil dessen, wie wir leben und wahrgenommen werden. Darum ist diese Debatte relevant – jetzt und nicht morgen.
